Leserbrief: Marija Ruzhitskaya
Sicherer Hafen – nicht faul sondern einstimmig.
Von einem „faulen“ und „wachsweichen“ Kompromiss spricht die SPD in ihrer Pressemitteilung zum Thema „Initiative Sicherer Hafen“. Dabei bezieht sich diese Aussage auf die im Sozialaussschuss der Stadt am 18.06.2020 getroffene Entscheidung, der Initiative als Stadt nicht beizutreten und stattdessen ein Appell an die Bundesregierung zu richten. Da seit dem einige Monate und ein harter Wahlkampf vergangen sind: Bereits in der von der Verwaltung erstellten Sitzungsvorlage hieß es „Es sprechen allerdings auch gute Gründe gegen die Erklärung zu einem sicheren Hafen. (…) Denn es kann für den Gesamtstaat nicht zielführend sein, wenn jedes Bundesland bzw. jede Kommune eine eigenständige ‘Quasi-Außenpolitik‘ zu betreiben versucht (vgl. Art. 32 GG)“. Die Sitzungsvorlage empfahl den Ausschussmitgliedern also bereits die Ablehnung.
Nach einer intensiven Diskussion, in der sich alle Ausschussmitglieder einig waren, dass es unsere Pflicht ist, die unmenschlichen Bedingungen, denen die Geflüchteten in den Lagern ausgesetzt sind, nicht unbeachtet zu lassen, wurde die Sitzung für eine halbe Stunde unterbrochen. In dieser Zeit arbeiteten alle Fraktionen gemeinsam den von der SPD nun kritisierten Beschluss aus. Die anschließende Entscheidung fiel im Ausschuss einstimmig.
Sieht so ein „fauler“ und „wachsweicher“ Kompromiss aus? Und warum hat die SPD diesem „faulen und wachsweichem“ Kompromiss, dem gemeinsam formulierten Appell, dann wiederum auch in der Ratssitzung am 25.06. einstimmig zugestimmt?
Es grenzt an Aktionismus diese Entscheidung so zu verdrehen, um die aktuelle Nachrichtenlage rund um die sich zunehmend verschlechternde Situation in den Flüchtlingslagern für seine eigene politische PR auszunutzen. Das sag ich nicht als Mitglied einer Partei oder des Sozialausschusses, sondern als Aktive in diversen Migrantenselbstorganisationen. Denn wir leben in einem Land, welches es sich leisten kann und leisten muss, diese humanitäre Katstrophe zu beenden. Das wir dies können, haben wir bereits bei anderen Zuwanderungswellen gezeigt. Wir leben in einem Land, das von der Vielfalt ihrer Bürgerinnen und Bürger und dem Einsatz für die Gesellschaft lebt. Deshalb war es richtig und wichtig, dass sich der Sozialausschuss bereits in seiner ersten Sitzung nach der Wahl dafür ausgesprochen hat, das Gespräch mit der Initiative Münsterland zu führen und auch die Fraktionen diesen Weg gehen. Dies sollten wir, vor allem bei einem solchen Thema, im sachlichen Miteinander tun und nicht über Schlagwörter in Titelzeilen von Zeitungen und sozialen Medien. Der Wahlkampf ist doch längst vorbei.
Marija Ruzhitskaya